M. Gantner: Weitgespannte Dachwerke im katholischen Kirchenbau 1600–1850

Dissertationsprojekt von Martin Gantner zum Thema "Ein Landkirchenschema für das Dach? Entwicklungen im Dachwerksbau über katholischen Saalkirchen der Zentral-, Nord- und Ostschweiz von 1600 bis 1850"

Vergrösserte Ansicht: Forschung Gantner
Dachwerk der Pfarrkirche St. Michael in Lütisburg SG (Foto M. Gantner, 2020).

Ein Landkirchenschema für das Dach? Entwicklungen im Dachwerksbau über katholischen Saalkirchen der Zentral-, Nord- und Ostschweiz von 1600 bis 1850

Im 17., 18. und frühen 19. Jahrhundert wurden in den ländlichen Gegenden der Zentral-, Nord- und Ostschweiz zahlreiche Kirchen neu gebaut. Besonders ab etwa 1750 kann von einem wahren Bauboom gesprochen werden, der in einzelnen Regionen bis gegen die Mitte des 19. Jahrhunderts anhielt. Die Saalkirche erfreute sich dabei grosser Beliebtheit. In der Ostschweiz war es der aus dem Vorarlberg stammende Baumeister Johann Ferdinand Beer und in der Zentralschweiz die Baumeister Jakob Singer und Niklaus Purtschert, welche als erfolgreiche Unternehmer in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts das Baugewerbe praktisch beherrschten. Mit diesen drei Personen wurde in der Architekturgeschichte denn auch die Entwicklung von regionalen Typen von Saalkirchen in Verbindung gebracht. Diese sogenannten Landkirchenschemata wurden auch von den nachfolgenden Baumeistergenerationen übernommen und fanden – mit wenigen Abänderungen – in einzelnen Regionen bis in die Zeit kurz nach 1850 Verwendung. Während die architektonische Entwicklung dieser Landkirchen bereits zur Genüge erforscht worden ist, hat sich bisher noch niemand mit deren Dachwerkskonstruktionen beschäftigt.

Im Rahmen eines vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) geförderten und von Prof. Dr.-Ing. Stefan Holzer geleiteten Forschungsprojekts zur "Entwicklung des weitgespannten Holzdaches in der Nord- und Zentralschweiz 1600–1850" wurden 101 weitspannende Dachwerke über katholischen Saalkirchen systematisch untersucht. Anhand dieser Daten können die Konstruktionen einerseits in ihren einzelnen Bestandteilen betrachtet und verglichen werden, um Entwicklungslinien nachzuzeichnen, welche teilweise über alle Regionen fassbar werden. Andererseits können die dokumentierten Dachwerkssysteme mit den jeweiligen Baumeistern, den historisch fassbaren Zimmerleuten und den erhaltenen Plänen zusammengebracht werden. So wird klar, dass der Baumeister ab mindestens dem 18. Jahrhundert die Konstruktion des Dachwerks festlegte, auch wenn dieser kein Zimmermann, sondern ein ausgebildeter Steinmetz war. Mit einzelnen Baumeistern – allen voran Jakob Singer, Niklaus Purtschert und Johann Ferdinand Beer – können denn auch spezifische Konstruktionssysteme in Verbindung gebracht und deren Einfluss auf nachfolgende Generationen beurteilt werden. Durch die grosse Anzahl an untersuchten Konstruktionen ist es zudem möglich festzustellen, wo konstruktive Innovationen zum ersten Mal auftreten und von welchem Baumeister diese ausgingen. Der Blick auf später gebaute Dachwerke sagt uns zudem, wie erfolgreich diese Innovationen schlussendlich im gebauten Bestand waren.

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Ein Landkirchenschema für das Dach? Entwicklungen im Dachwerksbau über katholischen Saalkirchen der Zentral-, Nord- und Ostschweiz von 1600 bis 1850 (Diss., 2022)

Research Collection

  • Gantner, M.; Schäfer, J.: «Zimmer-Jost». Der Nachlass des Münsterer Baumeisters Jost Kopp als Spiegel des ländlichen Baugewerbes in der Zeit um 1800. In: Der Geschichtsfreund. Mitteilungen des Historischen Vereins Zentralschweiz, Band 174 (2021), 107–124.
  • Gantner, M.: Finding value in the ordinary to better understand the extraordinary: Systematic surveys in baroque roofs and medieval log-​buildings. In: Mascarenhas-​Mateus, J., et. al. (Hrsg.): History of Construction Cultures: Proceedings of the 7th International Congress on Construction History, 2021, Lisbon, Portugal. London: CRC Press, 2021, Vol. I, 440–446. (Research Collection)
  • Gantner, M.: Baumeister-Zuschreibungen über das Dach? Argumentatorische Hilfestellungen von der Bauforschung / Konstruktionsgeschichte für die Architekturgeschichte von Landkirchen des 18. Jahrhunderts. In: Mitteilungen des Historischen Vereins des Kantons Schwyz 112, 2020, 69–92. (Research Collection)
  • Maissen, M; Gantner, M; Holzer, S. M.: Late Gothic Constructions in Müstair and Meran. In: Wouters, I., et al. (Hrsg.): Building Knowledge, Constructing Histories: Proceedings of the 6th International Congress on Construction History, 2018, Brussels, Belgium. London: CRC Press, 2018, Vol. II, 887–893. (Research Collection / externe SeitePDF)
  • Finding value in the ordinary to better understand the extraordinary. (7th International Congress on Construction History; Online, 12.07.2021)
  • Ein Landkirchenschema fürs Dach? Dachwerke über Kirchen der Singer, Rey und Purtschert (Forschungskolloquium des Lehrstuhls für Kunstgeschichte des Mittelalters, Archäologie der frühchristlichen, hoch- und spätmittelalterlichen Zeit von Prof. Dr. Carola Jäggi; Universität Zürich, 12.11.2019)
  • Weit gespannte Dachwerke über katholischen Saalkirchen der Zentralschweiz, 1600- ca. 1850 (Herausforderung der Spannweite, Holzbau 1500–1900 in der Schweiz und anderswo, Zürich, 27.06.2019)
  • Ertüchtigungen der 1. Hälfe des 19. Jahrhunderts an zentralschweizerischen barocken Kirchendachwerken mit unterbrochener Zerrbalkenlage (4. Jahrestagung der Gesellschaft für Bautechnikgeschichte, Hannover, 09.05.2019)
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